Insolvenzverfahren: Kein Vollstreckungsschutz bei Beantragung bereits vor Corona-Pandemie

Das Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (CoVInsAG) in Verbindung mit dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 19.03.2020 (S 0336/19/10007:002) zielt auf aktuell drohende Insolvenzreife ab. Es begründet daher keinen Anspruch darauf, dass bereits bestehende und fortwirkende Maßnahmen aufgehoben werden. Dies hat das Hessische Finanzgericht (FG) entschieden.

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die ein gepachtetes Gastronomieobjekt betrieb, hatte beim Finanzamt beantragt, ihr gegenüber vorgenommene Vollstreckungsmaßnahmen einzustellen, zu denen auch die Stellung eines Insolvenzantrags gehörte. Sie sei von der COVID-19-Pandemie betroffen und das Ziel des Insolvenzverfahrens sei gewesen, den Gastronomiebetrieb zu retten. Bereits Ende 2019 war auf Antrag des Finanzamts ein Beschluss des Insolvenzgerichts ergangen, durch den die vorläufige Verwaltung des Vermögens der GbR angeordnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde. Im Mai 2020 wurde schließlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GbR eröffnet.

Im März 2020 beantragte diese beim Finanzamt unter anderem die Einstellung der ihr gegenüber vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des BMF-Schreibens vom 19.03.2020. Dieses Schreiben habe die steuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus zum Inhalt. Da Unternehmensgegenstand der GbR die Gastronomie gewesen sei, habe sie wegen der Pandemie schließen müssen.

Nach Ablehnung des Antrags durch das Finanzamt stellte die Antragstellerin beim FG Hessen einen Antrag auf einstweilige Anordnung. Das Gericht lehnte den Antrag ab. Das COVInsAG regele in § 1 Satz 2, dass die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nicht ausgesetzt sei, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Corona-Pandemie beruhe. Auch ziele das BMF-Schreiben vom 19.03.2020 nur auf aktuell drohende Vollstreckungsmaßnahmen ab. Von dem Schreiben nicht gedeckt sei jedenfalls, dass bereits bestehende und fortwirkende Vollstreckungsmaßnahme aufgehoben werden.

Finanzgericht Hessen, Beschluss vom 08.06.2020, 12 V 643/20, rechtskräftig