EDITORIAL: Verlustverrechnungsverbot bei Aktiengeschäften

Sehr geehrte Mandantinnen und Mandanten,

der Gesetzgeber mag die Börse nur, wenn Anleger Gewinne machen, die er besteuern kann. Daher hat er das sogenannte Verlustverrechnungsverbot geschaffen.

Nachvollziehbar ist noch, dass Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit anderen positiven Einkunftsarten verrechnet werden dürfen. Immerhin haben die Einkünfte aus Kapitalvermögen auch mit der Abgeltungsteuer einen besonderen Steuertarif.

Wesentlich weniger nachvollziehbar ist jedoch, warum Verluste aus Aktienveräußerungen nicht mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen. Immerhin unterliegen beide dem gleichen Tarif und gehören zur gleichen Einkunftsart. Begründet hat der Gesetzgeber dieses Verlustverrechnungsverbot damit, dass er die öffentlichen Haushalte schützen muss, wenn aufgrund von Kursstürzen an der Börse mit Steuermindereinnahmen zu rechnen ist.

Für vollkommenen Blödsinn scheint der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs diese Begründung zu halten. Mit Beschluss vom 17.11.2020 (Az: VIII R 12/2 18) leitet er nämlich ein Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht ein, da er die Regelung für verfassungswidrig hält. Betroffene Steuerpflichtige sollten daher die Verlustverrechnung begehren und auf das Musterverfahren hinweisen.

Damit aber noch nicht genug. Das Einkommensteuergesetz kennt weitere Verlustverrechnungsverbote, die sogar bei Termingeschäften oder sonstigen Kapitalforderungen betragsmäßig begrenzt sind. Auch hier pfeifen die Spatzen entsprechend verfassungsrechtliche Zweifel von den Dächern. Da die Gesetzesregelung noch zu jung ist, kann es noch keine Musterverfahren geben. Davon sollte man sich nicht einschüchtern lassen.