Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) macht sich für eine Unterbrechung der Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehung stark. „Die Corona-Krise ist in der Abgabenordnung nicht vorgesehen. Die Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehung laufen daher weiter, obwohl die Steuerfahndungsstellen weitgehend lahmgelegt sind“, sagte DSTG-Bundesvorsitzender Thomas Eigenthaler. Er reagierte damit auf Informationen, wonach Durchsuchungen, die Beschlagnahme von Unterlagen sowie Vernehmungen aktuell wegen der Corona-Pandemie kaum möglich sind. „Die DSTG fordert daher den Gesetzgeber auf, die Verjährungsfristen im Zusammenhang mit Steuerverkürzung für einen Zeitraum von mindestens sechs, besser für zwölf Monate zu unterbrechen“, erklärte Eigenthaler am 07.05.2020.
Hintergrund der Forderung sei, dass die Corona-Krise derzeit Steuerhinterziehern aus der Vergangenheit in die Hände spiele, insbesondere mutmaßlichen Steuerbetrügern, die in großer Zahl und in großem Stil Steuerstraftaten begangen hätten. Als Beispiele nennt die DSTG Ermittlungen wegen Cum-Ex-Fällen, wegen Umsatzsteuerkarussellen oder die Auswertung der berüchtigten Panama-Papers. Hier liefen die Verjährungsfristen ganz normal weiter, obwohl die Ermittler bei ihrer Arbeit stark eingeschränkt seien.
„Durchsuchungen sollen aktuell grundsätzlich nicht durchgeführt werden, und auch Vernehmungen sind wegen der Ansteckungsgefahr für Ermittler, Zeugen, Beschuldigte und Verteidiger kaum vernünftig möglich“, betonte DSTG-Chef Eigenthaler. Auch die Zusammenarbeit mit dem Ausland sei weitgehend unterbrochen. So gehe wertvolle Zeit verloren. Kriminelle hätten dadurch ein leichtes Spiel und setzten zusammen mit ihren Anwälten entweder auf rasche Milde der Ermittler oder auf den Ablauf von Verjährungsfristen, so Eigenthaler. Einen Corona-bedingten Stillstand des Kampfes für Steuergerechtigkeit in Deutschland dürfe es aber nicht geben. Zudem sei der Staat angesichts der Krise auf jeden Euro dringend angewiesen.
Die DSTG fordert daher, die Festsetzungsverjährung in Fällen von Steuerhinterziehung (§ 169 Absatz 2 Satz 2 Abgabenordnung – AO) sowie die Verfolgungsverjährung bei besonders schwerer Steuerhinterziehung (§ 376 Absatz 1 AO) für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten, besser aber von zwölf Monaten zu unterbrechen. Dadurch hätten die Ermittler in kritischen Fällen mehr Zeit, um Straftaten aufzuklären.
Es könne nicht sein, dass der Staat bei Verstößen gegen eine Maskenpflicht oder gegen das Abstandsgebot Bußgelder verhänge, während Fälle von besonders schwerer Steuerkriminalität möglicherweise Corona-bedingt verjährten, begründete Eigenthaler die DSTG-Forderung. Da eine Pandemielage im Verfahrensrecht nicht vorgesehen und die Ablaufhemmung nach § 170 Absatz 1 AO nicht ausreichend sei, müsse der Gesetzgeber umgehend handeln. Zudem seien weitere Pandemiewellen nicht ausgeschlossen.
Deutsche Steuer-Gewerkschaft, PM vom 07.05.2020