Wenn die berufliche Tätigkeit eine Berufskrankheit verursacht, haben die Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung Anspruch auf Entschädigung. Allerdings ist nicht jede Erkrankung, die auf eine berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden kann, eine Berufskrankheit. Vielmehr müsse sie in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen sein oder zumindest kurz davor stehen, so das LSG Bayern. Hierfür fehle es im Fall von Erkrankungen, die möglicherweise auf Stress zurückzuführen seien, an den erforderlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der freiwillig bei der Berufsgenossenschaft versicherte Kläger vermittelte als selbstständiger Versicherungsfachwirt Versicherungen aller Art. 2014 zeigte er den Verdacht einer Berufskrankheit an – er leide an wiederkehrenden schweren Depressionen und Neurasthenie. Dies führte er zurück auf seine Tätigkeit, lange Arbeitszeiten, den Umgang mit teils schwierigen Kunden und Kollegen, mangelnden Rückhalt durch Vorgesetzte sowie schlechte technische Softwareausstattung.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung einer Berufskrankheit ab, da die geltend gemachten Erkrankungen nicht in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen seien und auch keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse darüber vorlägen, welche Krankheitsbilder durch Stress verursacht würden und welcher Personenkreis hiervon besonders betroffen wäre. Insbesondere lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Tätigkeit als Versicherungsfachwirt im Vergleich zur übrigen Bevölkerung ein höheres Risiko berge, an Depressionen oder Neurasthenie zu erkranken. Vor dem SG Regensburg hatte die Klage auf Anerkennung einer Berufskrankheit und Entschädigung keinen Erfolg.
Das Bayerische LSG hat die Entscheidung des SG bestätigt. Nach Einholung zweier Sachverständigengutachten auf psychiatrischem und psychotherapeutischem Fachgebiet stellte es fest, dass beim Kläger keine in der Berufskrankheiten-Liste erfasste Erkrankung vorliegt. Die geltend gemachten Depressionen, aber auch das Burnout-Syndrom sowie die Neurasthenie seien daher nicht als Berufskrankheiten aufgrund von Stress anzuerkennen. Es lägen auch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die eine Entschädigung als so genannte Wie-Berufskrankheit ermöglichten. Da die gesetzliche Regelung im Unfallversicherungsrecht (§ 9 Absatz 2 SGB VII) keinen Auf fangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel beinhalte, genüge es nicht, wenn in einem Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der BerufskrankheitenListe enthaltenen Krankheit sei. Vielmehr müssten zumindest die Voraussetzungen für die Aufnahme in diese Liste erfüllt sein. Hierfür fehle es im Fall von Erkrankungen, die möglicherweise auf Stress zurückzuführen sind, an den erforderlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Vor allem werde im Zusammenhang mit Depressionen eine Vielzahl möglicher Ursachen diskutiert. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sei keine gruppentypische Risikoerhöhung bei der Tätigkeit als Versicherungsfachwirt festzustellen.
Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.04.2018, L 3 U 233/15