Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Finanzämter nicht verfassungswidrig handeln, wenn sie auch in einer Tiefzinsphase bei Steuernachzahlungen hohe Zinsen von sechs Prozent kassieren. Das höchste deutsche Finanzgericht hält die sechs Prozent Zinsen weder für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen die Verhältnismäßigkeit.
In dem konkreten Fall ging es um 11.000 Euro Zinsen, die der Fiskus von einem Bürger verlangte, dessen endgültiger Steuerbescheid für ein Jahr nach einigem Hin und Her fast zwei Jahre später festgesetzt worden ist und für den für die Nachzahlung Zinsen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat berechnet wurden.
BFH, III R 10/16
Mit dem oben genannten Urteil hat der BFH nach Ansicht der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) die Chance, Steuernachforderungen zeit gemäß zu verzinsen, verpasst. „Für uns ist es unverständlich, dass der BFH die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch immer nicht berücksichtigt“, sagte BStBK-Vizepräsident Hartmut Schwab. Eine Anpassung des gesetzlichen Zinssatzes auf Steuernachzahlungen sei seit Jahren überfällig. Zu den konkreten Auswirkungen für mittelständische Unternehmen führt Schwab weiter aus: „Die Zinsen auf Steuernachzahlungen werden faktisch zu einem Strafzuschlag. Viele Unternehmer fühlen sich gedrängt, in einer Betriebsprüfung schnell zu einer Verständigung mit dem Prüfer zu kommen und streitige Fragen nicht gerichtlich klären zu lassen. Damit wird letztlich auch der Rechtsschutz beschnitten.“
Der Zinssatz für die Verzinsung von Steuernachforderungen, Steuererstattungen, Steuerstundungen et cetera liege seit Veröffentlichung der Abgabenordnung 1977 unverändert bei 0,5 Prozent pro Monat, also sechs Prozent im Jahr, erläutert die BStBK. Mit der Verzinsung solle ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass die Steuern trotz gleichen gesetzlichen Entstehungszeitpunkts zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und erhoben werden. Auch für die Abzinsung von Pensionsrückstellungen gelte ein Zinssatz von sechs Prozent.
Das BVerfG werde nach einem Vorlagebeschluss des Finanzgerichts (FG) Köln die Gelegenheit haben, sich mit der Höhe dieses Zinssatzes auseinanderzusetzen. Nach Auffassung des FG habe sich in dem heutigen Zinsumfeld der gesetzlich vorgeschriebene Zinsfuß so weit von der Realität entfernt, dass er vom Gesetzgeber hätte überprüft werden müssen. „Wir sehen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Spannung entgegen“, so Schwab. „Unserer Auffassung nach kann die Entscheidung über den Abzinsungssatz für Pensionsrückstellungen nicht ohne Auswirkungen auf den gesetzlichen Zinssatz in der Abgabenordnung bleiben.“
Bundessteuerberaterkammer, PM vom 28.02.2018