Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Entscheidungen erstmals über die Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Darlehensbearbeitungsentgelten befunden. Danach begann die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Ende des Jahres 2011 zu laufen, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer entsprechenden Rückforderungsklage nicht vor 2011 zumutbar war.
Die Kläger begehren von den Banken die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten, die die Beklagten im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen formularmäßig berechnet haben. Beide Klagen waren erfolgreich. In beiden Verfahren habe die jeweilige Beklagte die streitigen Bearbeitungsentgelte durch Leistung der Klagepartei ohne rechtlichen Grund erlangt, so der BGH. Die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Verbraucherkreditverträge sei unwirksam, wie der BGH bereits früher entschieden habe. Die Rückzahlungsansprüche beider Kläger seien zudem nicht verjährt. Bereicherungsansprüche verjährten nach § 195 BGB grundsätzlich in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Absatz 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs habe Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich sei hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise könne aber die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gelte erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. In einem solchen Fall fehle es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn.
Angesichts des Umstands, dass Bearbeitungsentgelte in „banküblicher Höhe“ von zuletzt bis zu zwei Prozent von der älteren Rechtsprechung des BGH gebilligt worden seien, sei den Darlehensnehmern vorliegend die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in AGB beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Seither habe ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen müssen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des BGH künftig versagt werden würde. Ausgehend hiervon seien derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor 2004 entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten – kenntnisunabhängigen – zehnjährigen Verjährungsfrist des § 199 Absatz 4 BGB vom Kreditnehmer keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 28.10.2014, XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14