Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung, führt dies beim Arbeitnehmer auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug tatsächlich nicht privat nutzt. Der Vorteil ist, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt worden ist, nach der Ein-Prozent-Regelung zu bewerten. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einer Reihe von Urteilen entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung korrigiert. Bisher wurde in derartigen Fällen die tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs vermutet. Der Steuerpflichtige konnte die Vermutung unter engen Voraussetzungen widerlegen. Diese Möglichkeit ist nun entfallen.
Im Streitfall (VI R 31/10) stellte die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, ihrem Geschäftsführer einen Dienstwagen zur Verfügung. Nach dem Anstellungsvertrag durfte er den Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen. Bei der Lohnsteuer setzte die Klägerin für die private Nutzung lediglich eine Kostenpauschale an. Denn es habe keine private Nutzung des Dienstwagens stattgefunden. Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung erließ das Finanzamt einen Lohnsteuerhaftungsbescheid. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) bestätigt. Die vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit, den Dienstwagen auch privat nutzen zu dürfen, führe beim Arbeitnehmer zu einem Vorteil, der als Lohn zu versteuern sei. Ob der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der privaten Nutzung Gebrauch gemacht hat, sei dafür unerheblich. Denn der Vorteil in Gestalt der konkreten Möglichkeit, das Fahrzeug auch zu Privatfahrten nutzen zu dürfen, sei dem Arbeitnehmer bereits mit der Überlassung des Fahrzeugs zugeflossen. Deshalb habe das FG den geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung zu Recht (auch ohne weitere Feststellungen zum Sachverhalt) als Arbeitslohn angesehen.
Der BFH bestätigte auch die Auffassung der Vorinstanz, dass der Vorteil nach der Ein-Prozent-Regelung zu bewerten sei. § 8 Absatz 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setze keine tatsächliche Nutzung voraus, sondern verweise nur auf die Ein-Prozent-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Mit dem Betrag, der nach der Ein-Prozent- Regelung als Einnahme anzusetzen ist, sollten sämtliche geldwerten Vorteile, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des Dienstwagens ergeben – unabhängig von Nutzungsart und -umfang – pauschal abgegolten werden. Diese Typisierung habe der BFH wiederholt als verfassungsgemäß erachtet. Da im Streitfall kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt worden war, sei keine andere Entscheidung in Betracht gekommen.
In drei weiteren Urteilen (VI R 46/11 und VI R 42/12 und VI R 23/12) hat der BFH aber auch (nochmals) verdeutlicht, dass die Ein-Prozent- Regelung nur zur Anwendung kommt, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung arbeitsvertraglich oder doch zumindest auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung überlassen hat.
Bundesfinanzhof, Urteile vom 21.03.2013, VI R 31/10, VI R 46/11, VI R 42/12 und vom 18.04.2013, VI R 23/12