Die Regierungskoalition will Bürgern die aus der kalten Progression entstehenden steuerlichen Mehrbelastungen zurückgeben und damit ein starkes Signal für eine stabilitätsorientierte Politik und mehr Steuergerechtigkeit setzen. Der Ausgleich hat ein Volumen von insgesamt sechs Milliarden Euro. Die Steuerentlastungen werden nicht durch neue Schulden finanziert; inflationsbedingte Steuererhöhungen werden vermieden. Daher haben sich die Koalitionspartner am 6. November 2011 auf ein Tarifmodell zur Beseitigung der kalten Progression mit
folgenden drei Eckpunkten verständigt:
- Anhebung des Existenzminimums von 8.004 Euro in zwei Schritten zum 1. Januar 2013 um 126 Euro und zum 1. Januar 2014 um 224 Euro, also insgesamt um 350 Euro;
- Prozentuale Anpassung des Tarifverlaufs an die Preisentwicklung, ebenfalls in zwei Schritten, mit insgesamt 4,4 Prozent;
- Regelmäßige Berichterstattung über die Wirkung der kalten Progression ab 2014 alle zwei Jahre.
Ein Teil der Steuermehreinnahmen geht auf die progressive Ausgestaltung des Steuersystems zurück. Diese führt dazu, dass Lohnsteigerungen, die nur die Inflationsrate ausgleichen und damit die Kaufkraft erhalten sollen, zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen. Diese Mehrbelastung übersteigt den Inflationsausgleich. Die kalte Progression bringt Mehreinnahmen, die vom Gesetzgeber letztlich so nicht gewollt sind. Es sind verdeckte Steuererhöhungen.
Das vereinbarte Tarifmodell stellt diesen Missstand ab: Dies erfolgt zum einen durch die vorgesehene Erhöhung des Grundfreibetrags in zwei Stufen, die dem heute absehbaren Anstieg des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums für jeden Steuerpflichtigen entspricht. Die Anhebung zur Verschonung des Existenzminimums ist verfassungsrechtlich geboten. Im diesem Zusammenhang erfolgt auch eine Tarifanpassung. Lohnsteigerungen, die nur die Inflationsrate ausgleichen, führen damit nicht mehr zu einem Anstieg der steuerlichen Durchschnittsbelastung.
Das ist ein wichtiger Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit. Hohe Einkommen tragen wie bisher wesentlich stärker zum Steueraufkommen bei als untere Einkommensgruppen. Wer aufgrund seiner Einkommenshöhe mehr Steuern zahlen muss, ist durch die kalte Progression – in Euro-Beträgen gerechnet – auch stärker belastet. Im Verhältnis zur tatsächlichen Steuerhöhe ist die Entlastung der unteren Einkommensgruppen am größten.
- Ein alleinstehender Arbeitnehmer mit einem zu versteuernden Einkommen von rund 25.000 Euro wird jährlich etwa 150 Euro weniger Steuern zahlen müssen als bisher. Das entspricht einer Entlastung von 3,4 Prozent seiner bisherigen Steuerzahllast von rund 4.300 Euro (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag).
- Ein alleinstehender Arbeitnehmer mit einem zu versteuernden Einkommen von rund 43.000 Euro jährlich wird 2014 hingegen 2,5 Prozent weniger Steuern zahlen müssen (rund 270 Euro bei einer bisherigen Steuerbelastung von rund 10.300 Euro).
- Ein verheirateter Arbeitnehmer mit zwei Kindern und einem zu versteuernden Einkommen von rund 25.000 Euro jährlich wird im Jahr 2014 rund 165 Euro weniger Steuern zahlen müssen. Das entspricht einer Entlastung von rund elf Prozent seiner bisherigen Steuerbelastung.
- Ein verheirateter Arbeitnehmer mit 53.000 Euro zu versteuerndem Einkommen im Jahr erfährt hingegen nur eine Entlastung von rund drei Prozent seiner bisherigen Steuerzahllast; das sind rund 300 Euro weniger an Steuern im Jahr.