Bestandskräftiger Steuerbescheid: Strenge Voraussetzungen für Änderung zuungunsten des Steuerpflichtigen

Das Finanzamt darf einen bestandskräftigen Steuerbescheid nicht zuungunsten des Klägers unter Berücksichtigung höherer Betriebseinnahmen ändern, wenn bereits der Steuererklärung Unterlagen beigefügt waren, aus denen die Höhe der Betriebseinnahmen ersichtlich war. Dies hebt das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hervor. Der Kläger ist Landwirt und nebenberuflich Aufsichtsratsmitglied einer Volksbank. In seiner Einkommensteuererklärung gab er die Höhe seines Gewinns aus der Aufsichtsratstätigkeit mit 3.035 Euro an und fügte eine Bescheinigung der Volksbank über die Höhe der Einnahmen von 6.071 Euro bei. Er fertigte aber weder eine Gewinnermittlung noch eine Anlage EÜR. Das Finanzamt setzte im Steuerbescheid den erklärten Gewinn an. Nach Eintritt der Bestandskraft wurde dem Finanzamt mittels einer Kontrollmitteilung die exakte Höhe der Aufsichtsratsvergütung des Klägers mitgeteilt, das daraufhin einen geänderten Bescheid erließ und nunmehr einen Gewinn von 5.065 Euro berücksichtigte. Der Kläger erhob nach erfolglosem Einspruch Klage beim FG und begehrte die Aufhebung des Änderungsbescheids.

Das FG hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass dem Finanzamt die Höhe der Betriebseinnahmen nicht nachträglich bekannt geworden ist. Aufgrund der zusammen mit der Steuererklärung vorgelegten Bankbescheinigung habe das Finanzamt die Höhe der Einnahmen aus der Aufsichtsratstätigkeit gekannt. Wenn demgegenüber ein deutlich niedrigerer Gewinn erklärt werde, ohne dass eine Gewinnermittlung vorgelegt werde, hätte das Finanzamt Anlass zu weiteren Ermittlungen gehabt. Wenn es zum Zeitpunkt des ersten Steuerbescheids diese Ermittlungen nicht anstelle, so sei es nicht berechtigt, den Bescheid nach Eintritt der Bestandskraft zuungunsten des Klägers zu ändern. Das Gericht hielt es für unbeachtlich, dass die Höhe der Betriebseinnahmen dem Finanzamt nicht auf einem amtlichen Vordruck, sondern lediglich formlos durch Vorlage einer Bescheinigung der Volksbank mitgeteilt worden war.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2013, 9 K 2541/11, rechtskräftig