Das Bundesfinanzministerium hat am 5. Januar 2012 ein umfangreiches Schreiben (ohne Aktenzeichen) zur Anwendung des Vermögensbildungsgesetzes zu Arbeitnehmer-Sparzulagen und der Förderung von vermögenswirksamen Leistungen veröffentlicht. Dies erfolgt vor dem Hintergrund von vielen Neuregelungen, etwa durch Jahressteuergesetz 2010, Steuervereinfachungsgesetz 2011, Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz und Bürgerentlastungsgesetz.
Neu ist beispielsweise, dass Geldanlagen für Bau, Erwerb, Ausbau, Erweiterung oder Entschuldung eines Wohngebäudes unter bestimmten Bedingungen ab 2012 keine vermögenswirksame Leistungen mehr sind und es keine Arbeitnehmer-Sparzulage von 9 Prozent Förderung auf Leistungen bis 470 Euro pro Jahr gibt. Betroffen davon sind Anlagemodelle, bei denen der Arbeitnehmer vermögenswirksame Leistungen zusammen mit mehr als 15 anderen Arbeitnehmern in ein Modell anlegen kann. Investitionen im privaten Kreis sind aufgrund der Mindestspareranzahl somit von der gesetzlichen Einschränkung nicht betroffen – zum Beispiel der Erwerb eines Mehrfamilienhauses durch mehrere Generationen einer Familie mit dem Ziel der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.
Hintergrund für diese Einschränkung ist, dass sich in der Praxis gezeigt hat, dass Kapitalanlagegesellschaften Modelle entwickelt hatten, mit denen eine große Zahl von Arbeitnehmern angeworben wird, Miteigentum an einem Immobilienportfolio zu erwerben. Diese Anlagemodelle zeichnen sich durch ein vorgefertigtes Konzept aus, das typischerweise durch Anlegerprospekte oder in vergleichbarer Form vermarktet wird. Die von den Arbeitnehmern zu erwerbenden Beteiligungen sind
gewöhnlich sehr klein und von geringem wirtschaftlichem Wert. Die Anleger zahlen die Beteiligungssumme über mehrere Jahre verteilt in monatlichen Einzahlungsraten. Zu einer tatsächlichen Vermögensbildung kommt es hierbei nicht, denn die betroffenen Immobilien werden dem Verkehr durch die Vielzahl
von Auflassungsvormerkungen entzogen, weil jede Veräußerung des Grundbesitzes die Löschung der Vormerkungen voraussetzen würde, die aber bei Anlageobjekten mit Tausenden Beteiligten nahezu undurchführbar ist – insbesondere angesichts der Gefahr von zwischenzeitlichen Todesfällen der Berechtigten mit ungeklärter Erbfolge, Umzügen mit unbekanntem Ziel oder Desinteresse. Die Anlagen dürften in den meisten Fällen zu einem Totalverlust für die Arbeitnehmer führen. Sie entsprechen nicht der Intention der Sparförderung und werden daher gesetzlich aus dem Anwendungsbereich des Vermögensbildungsgesetzes ausgenommen.
Zu beachten ist, dass die gesetzliche Verschärfung erstmals anzuwenden ist für vermögenswirksame Leistungen, die nach 2011 angelegt werden. Da die Regelung nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellt, werden somit auch Sparbeiträge ab 2012 für Altverträge nicht mehr gefördert. Begründet wird dies damit, dass im Sinne des Anlegerschutzes kein Bestandsschutz für Altverträge gewährt werden soll.