Grundstück gegen Pflege: Verfügung klärt steuerliche Behandlung

Werden in notariellen Übergabe- oder Schenkungsverträgen (vor allem relevant bei Grundstücksübertragungen) Pflegeverpflichtungen im Bedarfsfall vereinbart, so stellt die Pflegeleistung schenkungsteuerrechtlich eine Gegenleistung für die Grundstücksübertragung dar. Dies stellt die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt am Main in einer aktuellen Verfügung klar. Da der Grundstückserwerber erst im Bedarfsfall zur Pflege des Berechtigten verpflichtet ist, liege insoweit eine aufschiebend bedingte Last vor, die nach § 6 Absatz 1 Bewertungsgesetz (BewG) vor Eintritt der Bedingung nicht zu berücksichtigen sei. Die Pflegeverpflichtung bleibe deshalb zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung außer Ansatz.

Pflegeleistungen lägen vor, wenn sie regelmäßig und über eine längere Dauer zu erbringen sind, über ein übliches Maß der zwischenmenschlichen Hilfe hinausgehen und im allgemeinen Verkehr einen Geldwert  haben. Zu den Pflegeleistungen zählen laut OFD Frankfurt am Main die Unterstützung und Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Auch die Erledigung von Botengängen und schriftlichen Angelegenheiten, Besprechungen mit Ärzten, Vorsprachen bei Behörden sowie die seelische Betreuung des Schenkers gehörten dazu.

Pflegeleistungen können der Verfügung zufolge erst dann berücksichtigt werden, wenn der Pflegefall tatsächlich eingetreten ist und der Erwerber die Leistungen erbringt. Bei der Schenkungsteuer liege ab diesem Zeitpunkt eine gemischte Schenkung vor. Die Pflegeverpflichtung werde hierbei mit ihrem Wert im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer für die Zuwendung angesetzt. Entsprechendes gelte, wenn sich der Umfang der zu erbringenden Pflegeleistungen nachträglich ändert. Der Schenkungsteuerbescheid sei dann zu ändern. Vom Eintritt des Pflegefalles könne grundsätzlich erst dann ausgegangen werden, wenn der Berechtigte pflegebedürftig im Sinne des § 15 Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) ist. Die Voraussetzungen für die Pflegestufe I müssten erfüllt sein. Liegen diese nicht vor, habe der Erwerber im Einzelfall in geeigneter Weise zu belegen, dass bereits Pflegeleistungen erforderlich sind und er seiner Verpflichtung nachkommt.

Die Anerkennung der Pflegebedürftigkeit erfordert laut OFD, dass der Erwerber schlüssig darlegt und glaubhaft macht, dass er Pflegeleistungen je nach der Hilfsbedürftigkeit des Schenkers nach Art, Dauer, Umfang und Wert zu erbringen hat. Er trage insoweit die Feststellungslast. Im Hinblick auf die damit verbundenen Nachweisschwierigkeiten seien jedoch keine übersteigerten Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung zu stellen. Der Nachweis könne in Form eines ärztlichen Attests oder vergleichbarer Bescheinigungen oder in anderer geeigneter Weise geführt werden. Insbesondere könne regelmäßig angenommen werden, dass mit zunehmendem Alter eines Menschen auch dessen Hilfsbedürftigkeit zunimmt. So könne, wenn keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, schon bei einem über 80 Jahre alten Menschen von einer Hilfsbedürftigkeit auszugehen sein, ohne dass es hierzu eines Nachweises in Form eines ärztlichen Attests oder vergleichbarer Bescheinigungen bedarf. Allein die Unterbringung und Versorgung eines Pflegeempfängers in einem Pflegeheim schlössen eine Berücksichtigung von Pflegeleistungen nicht aus. Denn diese könnten auch gegenüber einer Person erbracht werden, die in einem Pflegeheim lebt.

Der Wert der vom Erwerber zu erbringenden Pflegeleistungen bestimme sich nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalls, insbesondere den vertraglich vereinbarten Leistungen. Es bestehen laut OFD keine Bedenken, wenn für erbrachte Leistungen ein pauschaler Satz von elf Euro je Stunde angesetzt wird. Der pauschale Satz sei anzusetzen unabhängig davon, ob und wenn ja in welcher Pflegestufe die zu pflegende Person eingestuft ist. Diese Beträge seien zu kürzen, soweit die pflegebedürftige Person Pflegegeld aus der Pflegeversicherung oder einer Pauschalbeihilfe nach den Beihilfevorschriften erhält und diese zu Lebzeiten an die verpflichtete Pflegeperson weitergibt. Die Weitergabe selbst sei nach § 13 Absatz 1 Nr. 9a Erbschaftsteuergesetz von der Schenkungsteuer befreit. Dem Erwerber stehe es frei, einen höheren Wert seiner Leistungen nachzuweisen. Die Pflegeleistungen seien mit ihrem Kapitalwert im Zeitpunkt des Eintritts des Pflegefalles zu bewerten. Dieser sei auf den Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung abzuzinsen. Der Vervielfältiger für die Abzinsung sei der Tabelle 1 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2010 (BStBl. I 2010, Seite 810) zu entnehmen.

Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, Verfügung vom 18.05.2017, S 3806 A – 009 – St 119