Zwischengewinne in Zusammenhang mit Erwerb von Fondsanteilen können negative Einnahmen aus Kapitalvermögen sein

Zwischengewinne im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an einem luxemburgischen Investmentteilfonds können als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen zu qualifizieren sein. Dies geht aus einem Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf hervor.

Der Kläger erwarb im Dezember 2008 Anteile an einem luxemburgischen Investmentfonds. Den im Anteilskaufpreis enthaltenen Zwischengewinn des Fonds in Höhe von rund 46 Millionen Euro machte er als negative Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuermindernd geltend. Der bei Rückgabe der Fondsanteile im Jahr 2009 vereinnahmte Zwischengewinn blieb infolge eines hohen negativen Progressionsvorbehalts ohne steuerliche Auswirkung.

Das Finanzamt meinte, dass gezahlte Zwischengewinne steuersystematisch nicht als negative Kapitaleinnahmen zu qualifizieren seien, sondern im Jahr des Anteilserwerbs allenfalls im Wege einer Billigkeits maßnahme steuermindernd berücksichtigt werden könnten. Die diesbezüglichen Voraussetzungen seien im Streitfall jedoch nicht erfüllt. Das FG Düsseldorf ist im Rahmen eines Zwischenurteils der Auffassung des Klägers gefolgt. Auch die Besonderheiten des Streitfalls – der Zwischengewinn wurde auf Ebene des Investmentvermögens unter Anwendung des so genannten Ertragsausgleichsverfahrens ermittelt, während dieses Verfahren bei der Ermittlung der den Anteilseignern am Geschäftsjahresende als zugeflossen geltenden Erträge zunächst nicht durchgeführt worden war – führten laut FG zu keiner abweichenden Beurteilung.

Allerdings sah sich das Gericht aus verfahrensrechtlichen Gründen daran gehindert, eine das Klageverfahren insgesamt abschließende Entscheidung zu treffen. Zunächst sei durch das Finanzamt in einem gesonderten Feststellungsverfahren über die Frage zu entscheiden, ob im Streitfall ein Steuerstundungsmodell vorliegt. In diesem Fall würden sich die gezahlten Zwischengewinne nicht im Jahr 2008 über den individuellen Steuersatz des Klägers steuermindernd auswirken, sondern wären lediglich mit den im Folgejahr vereinnahmten Zwischengewinnen zu verrechnen.

Das FG Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.08.2017, 14 K 3722/13 E

Erschließungsbeiträge für Straßenausbaumaßnahmen nicht als Handwerkerleistungen absetzbar

Für Erschließungsbeiträge und Straßenausbaubeiträge kann die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nicht in Anspruch genommen werden. Dies hat das FG Berlin-Brandenburg entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall wollte ein Ehepaar einen Teil der Erschließungskosten, die es an die Gemeinde für den Ausbau der unbefestigten Sandstraße vor ihrem Grundstück zahlen musste, als solche für eine haushaltsnahe Dienstleistung von der Einkommensteuer absetzen. Da der Vorauszahlungsbescheid der Gemeinde nur eine Gesamtsumme auswies, schätzten sie die Arbeitskosten auf 50 Prozent.

Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die Herstellung der Fahrbahn nicht an und verwies auf ein BMF-Schreiben, wonach Maßnahmen der öffentlichen Hand nicht nach § 35a Absatz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigt seien. Die Kläger machten dagegen geltend, dass die Grundsätze, die der Bundesfinanzhof (BFH) für die Berücksichtigung der Anbindung an die öffentliche Wasserversorgung  aufgestellt habe, auch für den Ausbau der Gemeindestraße heranzuziehen seien, da die Verkehrsanbindung etwa an die Schule und die Arbeitsstelle für die Haushaltsführung gleichermaßen notwendig sei.

Das FG ist dem nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen, da der Ersatz einer unbefestigten Sandstraße durch eine asphaltierte Straße zwar als Modernisierung anzusehen sei und damit grundsätzlich berücksichtigt werden könne. Die Übernahme des Mindestanteils von zehn Prozent der Kosten durch die Gemeinde sei auch nicht als steuerfreier Zuschuss zu bewerten. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung stehe auch die indirekte Bezahlung von Handwerkern durch die Gemeinde und die Kostenerhebung durch eine öffentlich-rechtliche Umlage der Steuerermäßigung nicht entgegen. Allerdings handele es sich bei den Planungskosten nicht um Handwerkerleistungen. Zudem fehle der Straße – anders als der Grundstückszufahrt und den Hausanschlüssen an Ver- und Entsorgungsleitungen – die notwendige Haushaltsbezogenheit. Hierzu bedürfe es eines unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs mit dem Haushalt.

Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage und wegen der Abweichung von einer Entscheidung des FG Nürnberg (Urteil vom 24.06.2015, 7 K 1356/14) die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist unter dem Az. VI R 50/17 beim BFH anhängig.

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.10.2017, 3 K 3130/17

Erbschaftssteuergesetz 2009: Durfte auch nach dem 30.06.2016 noch angewendet werden

Ein Gesetz, das das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz erklärt hat, für das aber eine Frist für die Fortgeltung und Neuregelung angeordnet wurde, ist auf „Altfälle“ weiterhin anzuwenden. Diese bisherige Rechtsprechung hat das Finanzgericht (FG) Hamburg bestätigt und hinzugefügt, dass im Fall des Erbschaftsteuerrechts dabei zeitlich der Eintritt des Erbfalls maßgeblich ist und nicht die Festsetzung der Erbschaftsteuer.

Die Klägerin hatte von der 2013 verstorbenen Erblasserin ein Mietgrundstück und ein Einfamilienhaus geerbt. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer ursprünglich mit Bescheid vom 28.07.2015 fest, und zwar vorläufig mit Blick auf das Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 zur Erbschaftsteuer und der angeordneten Neuregelung (1 BvL 21/12). Wegen einer Reduzierung der Grundbesitzwerte der Immobilien ergingen Änderungsbescheide zur Erbschaftsteuer, zuletzt am 19.07.2016, also nach Ablauf der Fortgeltungsfrist. Die Klägerin meinte, dass über den 30.06.2016 hinaus das Erbschaftssteuergesetz 2009 (ErbStG 2009) nicht mehr angewandt werden dürfe. Die Fortgeltungsanordnung sei zudem ebenso verfassungswidrig wie die in § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz ausgesprochene Bindungswirkung der Entscheidung des BVerfG.

Dem ist das FG nicht gefolgt. Für die Beurteilung sei bei Steuern in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und der Auffassung im Schrifttum allein auf den Veranlagungszeitraum abzustellen, in dem sich der zu besteuernde Sachverhalt verwirklicht habe. Dies sei im Streitfall der Eintritt des Erbfalls 2013 gewesen. Aufgrund der Fortgeltungsanordnung sei das ErbStG 2009 daher unzweifelhaft anwendbar. Auch die weiteren verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Fortgeltungsanordnung und der Bindungswirkung der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen hat das FG nicht geteilt. Auch eine erneute Vorlage des ErbStG an das BVerfG lehnte es ab.

Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden (II B 108/17).

FG Hamburg, Urteil vom 28.04.2017, 3 K 293/16, nicht rechtskräftig

Günstigerprüfung bei Einkünften aus Kapitalvermögen – Antrag bis wann?

Sehr geehrte Mandanten, es ist wahr: Das Finanzamt bettelt um mehr Arbeit. Anders ist es nicht zu erklären, warum es eine Entscheidung des Finanzgerichts Köln nicht akzeptiert.

Es geht dabei um die Frage, bis wann noch der Antrag auf Günstigerprüfung bei der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen gestellt werden kann. Zum Hintergrund: Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen der Abgeltungssteuer. Ist diese jedoch ausnahmsweise teurer, kann die sogenannte Günstigerprüfung beantragt werden, sodass auch Kapitalvermögen mit dem (günstigeren) persönlichen Steuersatz herangezogen wird.

Im Streitfall war allerdings bei Abgabe der Erklärung die Abgeltungssteuer auch tatsächlich günstiger. Erst aufgrund einer späteren Änderung des Bescheides wegen einer gewerblichen Beteiligung wurde sie ungünstiger. Folglich konnte und wurde auch erst dann die Günstigerprüfung beantragt, welche jedoch vom Finanzamt mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt wurde. Es nützt selbst nichts, dass das erstinstanzliche Gericht (Az: 15 K 2258/14) eine nachträgliche Antragstellung dann für möglich hält, wenn diese zuvor nicht zuzumuten war, weil sie nicht nur ins Leere gelaufen, sondern auch rechtlich bedeutungslos gewesen wäre.

Logik zählt aber augenscheinlich nicht für den Fiskus. Der Antrag fehlte am Anfang, also gab es ihn nicht. Im Endeffekt muss nun der BFH (Az: VIII R 6/17) entscheiden, ob das Finanzamt sinnlose und unnütze Anträge erhält oder nicht. Bis auf weiteres sollte man daher die Finanzämter mit entsprechenden Anträgen ordentlich eindecken, bevor man im Nachhinein in die Röhre schaut.

Einkommensteuer 2017: Finanzämter starten Anfang März mit Bearbeitung

Anfang März 2018 beginnen die Finanzämter mit der Bearbeitung der Einkommensteuer für das Jahr 2017. Wie auch in den vergangenen Jahren könnten Arbeitgeber, Versicherungen und andere Institutionen bis zu diesem Zeitpunkt die für die Steuerberechnung benötigten Unterlagen an die Finanzverwaltung übermitteln, teilt das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen mit. Dazu zählten etwa Lohnsteuer-Bescheinigungen, Beitragsdaten zur Kranken- und Pflegeversicherung und zur Altersvorsorge sowie Rentenbezugsmitteilungen.

Das Ministerium empfiehlt, die Steuererklärung elektronisch abzugeben. Dies biete besonders für die Steuerbürger Vorteile: Die Daten müssten nicht mehr per Hand eingegeben werden. Die Finanzverwaltungen der Länder ermöglichten über das Internetportal „Mein ELSTER“ einen bequemen und bei vorheriger Authentifizierung meist auch papierlosen Zugang zum Finanzamt, ganz ohne Formulare (nähere Informationen unter „www.elster.de“). Für alle, die diese Möglichkeit nutzen, gebe es noch einen weiteren Vorteil: Für die Abgabe könne man sich zwei Monate länger Zeit lassen. Die Abgabefrist ende erst Ende Juli 2018.

Bürger, die nicht zur elektronischen Abgabe verpflichtet sind, finden die Vordrucke laut Finanzministerium Nordrhein-Westfalen auf den Internetseiten des Bundesfinanzministeriums („www.bundesfinanzministerium.de“) unter der Rubrik „Service/Formulare“ als Download. Ebenfalls könnten die Vordrucke in Papierform im Finanzamt und in den meisten Bürgerbüros der Städte und Gemeinden abgeholt werden. In Ausnahmefällen – etwa bei gehbehinderten, alten oder schwerkranken Menschen – könnten die Vordrucke auf telefonische Anfrage auch zugeschickt werden.

Die Bearbeitungsdauer von Steuererklärungen liegt laut Finanzministerium Nordrhein-Westfalen in der Regel zwischen fünf Wochen und sechs Monaten. Die Bearbeitungszeit könne je nach Komplexität oder Einzelfall variieren.

Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, PM vom 04.03.2018

BMF-Schreiben gibt Aufschluss, was zu anschaffungsnahen Herstellungskosten zählt

In einem aktuellen Schreiben behandelt das Bundesfinanzministerium (BMF) die Frage, was zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne von § 6 Absatz 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) zählt und nimmt dabei Bezug auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH).

Der BFH hat mit Urteilen vom 14.06.2016 (IX R 25/14, IX R 15/15 und IX R 22/15) entschieden, dass zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten nach § 6 Absatz 1 Nr. 1a in Verbindung mit § 9 Absatz 5 Satz 2 EStG sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen gehören, die im Rahmen einer Instandsetzung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes anfallen. Dazu zählen sowohl originäre Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft durch Wiederherstellung funktionsuntüchtiger Gebäudeteile sowie Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Gebäudes im Sinne des § 255 Absatz 2 Satz 1 Handelsgesetzbuch als auch Schönheitsreparaturen. Soweit der BFH bisher bei Schönheitsreparaturen einen engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit den Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gefordert hatte, hält er daran nicht mehr fest.

Der BFH hat zudem klargestellt, dass bei der Prüfung, ob die Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne von § 6 Absatz 1 Nr. 1a EStG führen, bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude nicht auf das gesamte Gebäude, sondern auf den jeweiligen selbstständigen Gebäudeteil abzustellen ist, wenn das Gesamtgebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird. Maßgeblich ist insoweit, ob die einzelnen Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen.

Wie das BMF jetzt bekannt gibt, sind die Grundsätze der BFH-Urteile – unter Beachtung des § 176 Absatz 1 Nr. 3 Abgabenordnung – in allen offenen Fällen anzuwenden. Es werde jedoch nicht beanstandet, wenn auf Antrag des Steuerpflichtigen abweichend hiervon die bisherige BFH-Rechtsprechung zur Behandlung der Schönheitsreparaturen im Zusammenhang mit anschaffungsnahen Herstellungskosten und die  bisher von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung, dass eine gebäudebezogene Prüfung der Aufwendungen nach § 6 Absatz 1 Nr. 1a EStG vorzunehmen ist, auf Sachverhalte weiter angewendet wird, bei denen der Kaufvertrag beziehungsweise ein ihm gleichstehender Rechtsakt vor dem 01.01.2017 abgeschlossen wurde.

Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 20.10.2017, IV C 1 – S 2171c/09/10004 :006

Werbungskosten: Wann sind Fahrten „typischerweise arbeitstäglich“?

Vor dem BFH ist ein Verfahren anhängig, in dem es im Zusammenhang mit Werbungskosten um die Frage geht, was „typischerweise arbeitstäglich“ im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) bedeutet und ob die Vorschrift nur dann anwendbar ist, wenn der Arbeitnehmer an sämtlichen seiner Arbeitstage den vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufsuchen soll (VI R 33/17).

Zuvor hatte das Finanzgericht (FG) Sachsen entschieden, dass Arbeitnehmer, die auf verschiedenen Baustellen tätig werden und stets denselben Sammelpunkt aufsuchen, um von dort in einem Fahrzeug des Arbeitgebers zur jeweiligen Baustelle zu gelangen, einer Berufsgruppe angehören, die im Normalfall „typischerweise arbeitstäglich“ im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG einen vom Arbeitgeber festgelegten Ort ansteuert und für die mit einem eigenen Pkw zum Sammelpunkt durchgeführten Fahrten deswegen nur in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden können. Dies gelte auch, wenn die Arbeitnehmer öfters mehrere aufeinander folgende Tage auf auswärtigen Baustellen arbeiten und deswegen nicht arbeitstäglich an ihren Wohnort zurückkehren.

Eine „typischerweise arbeitstägliche“ Anfahrt zu einem Sammelpunkt ist laut FG anzunehmen, wenn zwar die Anfahrt nicht an jedem Arbeitstag stattfindet, jedoch immer dann, wenn der Arbeitnehmer von seinem Wohnort aufbricht, um seine Arbeit binnen eines Tages oder längerwährend auf einer Baustelle zu verrichten. Gegen dieses Urteil ist Revision eingelegt worden.

Bundesfinanzhof, VI R 33/17 und Finanzgericht Sachsen, Urteil vom 14.03.2017, 8 K 1870/16

Doppelte Haushaltsführung: Mietspiegel kann zu Ermittlung des Durchschnittsmietzinses herangezogen werden

Der im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigende so genannte Durchschnittsmietzins einer 60-Quadratmeter-Wohnung am Beschäftigungsort kann nach dem im fraglichen Zeitraum gültigen Mietspiegel bemessen werden. Dies hält der Bundesfinanzhof (BFH) fest.

Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung seien die tatsächlichen Kosten einer Unterkunft nur insoweit als Werbungskosten zu berücksichtigen, als sie nicht überhöht sind. Denn § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) begrenze den Abzug von Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, auf das Notwendige und damit auf das nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung Erforderliche, erläutert der BFH.

Er halte in ständiger Rechtsprechung Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung für notwendig, soweit sie sich für  eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 Quadratmeter bei einem ortsüblichen Mietzins für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) ergeben. Diese Rechtsprechung zur Rechtslage bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2013 gelte sowohl für angemietete als auch für im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wohnungen gleichermaßen.

Der ortsübliche Durchschnittsmietzins sei – sofern vorhanden – nach dem im fraglichen Zeitraum gültigen Mietspiegel gemäß § 558c, 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für das gesamte Gebiet der Stadt oder der Gemeinde (Beschäftigungsort), in der sich die betreffende Wohnung befindet, zu bemessen. Die in einem Mietspiegel bezeichneten Entgelte gäben die ortsübliche Vergleichsmiete wieder und könnten deshalb der Tatsacheninstanz als Ermittlungshilfe dienen, so der BFH. Denn der Mietspiegel werde vom umfassenden Sachverstand der an der Mietspiegelerstellung beteiligten Experten getragen. Ihm liege regelmäßig eine umfassende Datenmenge zugrunde, die den Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt am Beschäftigungsort hinreichend Rechnung trägt.

Dem stehe der Umstand, dass bei der Erstellung eines Mietspiegels (nur) Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Mieten in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind, nicht entgegen. Denn der Durchschnittsmietzins beschränke den Werbungskostenabzug im Rahmen des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 5 EStG auf den notwendigen Mehraufwand und suche nicht die im Veranlagungszeitraum durchschnittliche Marktmiete aus Neuverträgen abzubilden. Darin gegebenenfalls begründete Ungenauigkeiten seien dem steuerlichen Massenverfahren geschuldet und aus Vereinfachungsgründen gerechtfertigt. Denn der örtliche Mietspiegel gehöre zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete ermöglichten. Ein Sachverständigengutachten über die Höhe des Durchschnittsmietzinses könne in einem solchen Fall lediglich dann erforderlich sein, wenn und soweit einer der Beteiligten die Aussagekraft eines amtlichen Mietspiegels zu erschüttern vermag.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.07.2017, VI R 42/15

Verzicht auf ein Privatdarlehen: Kein Verlust aus Kapitalvermögen

Wird ein privates Darlehen an einen Dritten vergeben, sind die daraus entstehenden Zinsen Einkünfte aus Kapitalvermögen, für die die Abgeltungsteuer gilt. In Sonderfällen kommt jedoch der persönliche Steuersatz zum Zug. Anfallende Werbungskosten sind grundsätzlich mit dem Sparer-Pauschbetrag abgegolten.

Wird bei Kapitalanlagen einen Verlust erlitten, ist dieser zwar grundsätzlich steuerlich relevant. Anders sieht es jedoch aus, wenn der Verlust durch eigenes Handeln aktiv herbeigeführt wird. Dies ist dann der Fall, wenn auf die Forderung aus dem Privatdarlehen freiwillig verzichtet wird.

Mit einem solchen Vorgang hatte sich das Finanzgericht Rheinland Pfalz zu beschäftigen. Im konkreten Fall hatte der Steuerpflichtige nach nur 20 Monaten Kreditlaufzeit auf 90% der Summe eines privat gewährten Darlehens an eine Kapitalgesellschaft einschließlich Zinsen verzichtet, weil das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten war. Den verlorenen Geldbetrag wollte er mit positiven Kapitaleinkünften aus anderen Geldanlagen verrechnen.

Finanzgericht und Finanzamt waren hier anderer Meinung. Der Ansatz von Verlusten aus Kapitalanlagen und Anlagegeschäften ist nur dann möglich, wenn es sich um einen Veräußerungsverlust handelt. Eine Veräußerung fand aber gerade nicht statt. Die Forderung wurde nicht mit Verlust verkauft, sondern durch den Steuerpflichtigen freiwillig aufgegeben.

Erschwerend kam für die Richter hinzu, dass keine Sicherheiten vereinbart wurden, obwohl sich das Unternehmen zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung bereits in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befunden haben muss. Deshalb scheidet der Abzug des Verlustes aus.

Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 12.7.2016, 3 K 1133/14

Eigentümer gerade erst angeschaffter Wohnung kann Kosten zur Beseitigung vom Mieter mutwillig verursachter Schäden sofort als Werbungskosten abziehen

In dem vom BFH entschiedenen Streitfall hatte die Klägerin 2007 eine vermietete Eigentumswohnung erworben, die sich im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten in einem betriebsbereiten und mangelfreien Zustand befand. Im Folgejahr kam es im Rahmen des – nach § 566 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf die Klägerin übergegangenen – Mietverhältnisses zu Leistungsstörungen, da die Mieterin die Leistung fälliger Nebenkostenzahlungen verweigerte; vor diesem Hintergrund kündigte die Klägerin das Mietverhältnis. Im Zuge der Rückgabe der Mietsache stellte die Klägerin umfangreiche, von der Mieterin jüngst verursachte Schäden wie eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmelbefall an Wänden und zerstörte Bodenfliesen an der Eigentumswohnung fest. Darüber hinaus hatte die Mieterin einen Rohrbruch im Badezimmer nicht gemeldet; dadurch war es zu Folgeschäden gekommen. Zur Beseitigung dieser Schäden machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 Kosten in Höhe von rund 20.000 Euro als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. Mangels Zahlungsfähigkeit der Mieterin könnte die Klägerin keine Ersatzansprüche gegen die Mieterin durchsetzen.

Das Finanzamt versagte den Sofortabzug der Kosten, da es sich um so genannte anschaffungsnahe Herstellungskosten (§ 9 Absatz 5 Satz 2 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Nr. 1a EStG) handele; der zur Schadenbeseitigung aufgewendete Betrag überschreite 15 Prozent der Anschaffungskosten für das Immobilienobjekt. Daher könnten die Kosten nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung (AfA) anteilig mit zwei Prozent über einen Zeitraum von 50 Jahren geltend gemacht werden.

Demgegenüber gab der BFH der Klägerin Recht. Zwar gehörten zu den als Herstellungskosten der AfA unterliegenden Aufwendungen nach dem Wortlaut von § 6 Absatz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen wie etwa so genannte Schönheitsreparaturen oder auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft. Selbst die Beseitigung verdeckter – im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener – Mängel oder die Beseitigung  von bei Anschaffung des Gebäudes „angelegter“, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte falle hierunter. Demgegenüber seien Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht in dem oben genannten Sinne „angelegt“ war, sondern nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt durch das schuldhafte Handeln des Mieters am Gebäude verursacht worden ist, nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Solche Aufwendungen könnten als so genannter Erhaltungsaufwand und damit als Werbungskosten sofort abgezogen werden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.05.2017, IX R 6/16