Verfassungswidrig? Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz auf dem Prüfstand

Das Bundesverfassungsgericht soll klären, ob § 19 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (GG) verfassungswidrig ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Er meint unter anderem, dass die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Anteilen daran eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung darstellt.

Dem Verfahren liegt die Besteuerung eines Erbanfalls im Jahr 2009 zugrunde. Der Kläger war zu einem Viertel Miterbe seines Onkels. Im Nachlass befanden sich Guthaben bei Kreditinstituten und ein Steuererstattungsanspruch. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils am Nachlass belief sich auf 51.266 Euro. Unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 20.000 Euro und eines Steuersatzes von 30 Prozent setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360 Euro fest.

Der BFH teilt nicht die Ansicht des Klägers, die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II (unter anderem Geschwister, Neffen und Nichten) mit Personen der Steuerklasse III (fremde Dritte) sei verfassungswidrig. Nach Auffassung des BFH ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als Erwerber der Steuerklasse III. Artikel 6 Absatz 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stelle, beziehe sich nur auf die Familie als Gemeinschaft von Eltern und Kindern, nicht aber auf Familienmitglieder im weiteren Sinn wie etwa Geschwister oder Abkömmlinge von Geschwistern.

Der BFH ist jedoch der Auffassung, dass § 19 Absatz 1 ErbStG in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG in der auf den 01.01.2009 zurückwirkenden Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009 deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.2012, II R 9/11

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